Niederlassungsrecht, Praxis der Berufsausübung, Chancen
und Risiken
Patienten wandern aus - deutsche Ärzte folgen ihnen
nach Spanien
Trotz tendenzieller ärztlicher Überversorgung
sowohl in Deutschland wie auch in Spanien, eröffnen sich
für deutsche Ärzte gewisse Nischen, wenn ..... ja
wenn diese strategisch richtig genutzt werden.
Niederlassungsfreiheit in der Europäischen Gemeinschaft
Für Allgemeinmediziner, Fachärzte und Zahnärzte
ist die Niederlassung in Spanien heute nur noch ein formales
Problem. Die entsprechende Titelanerkennung in Spanien - "Homologisierung"
-, erfolgt auf Vorlage der einschlägigen Dokumentation
ohne dass in Spanien spezifische Fähigkeitsnachweise
verlangt werden und verlangt werden dürfen.
Die ärztlichen Kammerorganisationen der EG-Mitgliedstaaten
haben sich darauf verständigt, migrationswillige Ärzte
im Zielland zu beraten.
Zuständig für die Titelanerkennung ist in Spanien
das Ministerium für Gesundheit und Soziales, Paseo del
Prado 18 - 20, E-28014 Madrid, Tel.: 0034-901 400 100.
Für die Zulassung in Spanien ist die gleichzeitige Aufgabe
der deutschen Zulassung nicht erforderlich, eigentlich eine
Selbstverständlichkeit möchte man meinen. Gleichwohl
wurde gerade diese Aufgabe der deutschen Zulassung in der
Vergangenheit von deutschen Antragstellern in Spanien vereinzelt
von Seiten der Behörden - rechtsmissbräuchlich -
verlangt.
Dokumentarisch nachgewiesen, vom beglaubigten Übersetzer
in die spanische Sprache übertragen und mit der Apostille,
der Bescheinigung der Dokumententauglichkeit für den
internationalen Rechtsverkehr, versehen, müssen bei der
Antragstellung folgende Dokumente vorgelegt werden: Zeugnis
über die ärztliche Staatsprüfung, Bescheinigung
der Approbation als Arzt, Zeugnis über die ärztliche
Vorbereitungszeit als Medizinalassistent, die Bescheinigung
des Bundesministeriums für Gesundheit entsprechend der
Richtlinie 93/16 EWG sowie eine beglaubigte Ablichtung des
Reisepasses oder Personalausweises.
Bei Fachärzten sind ergänzend die Facharztbescheinigung
sowie die Bescheinigung der zuständigen Landesärztekammer
erforderlich, welche bestätigt, dass alle Voraussetzungen
nach der Richtlinie 93/16 EWG erfüllt sind. Massgebliche
Rechtsgrundlage für die Anerkennung des deutschen Ärztetitels
sind die sogenannten Königlichen Dekrete 1691/89 sowie
ergänzend 2072/95 für Ärzte und Fachärzte
aus der vormaligen DDR, welche die EWG-Richtlinien 93/16 und
81/1057 im spanischen nationalen Recht umsetzten. Die Anerkennungsvoraussetzungen
für Zahnärzte regeln insbesondere die königlichen
Dekrete 970/86,1607/87 und 675/92, ihrerseits zurückgehend
auf die EWG-Richtlinien 78/687 und 78/686.
Die Dauer des spanischen Verwaltungsverfahrens für die
Titelanerkennung sollte drei Monate nicht übersteigen,
beginnend allerdings erst ab dem Zeitpunkt der ordnungsgemässen
Vorlage sämtlicher Unterlagen. Und hier kann, angesichts
der teilweisen Überbürokratisierung in Spanien,
gut und gerne ein weiterer Zeitraum von drei bis sechs Monaten
ins Land gehen.
Fazit: Wer in Spanien als Arzt tätig werden möchte,
sollte sich frühzeitig, mindestens ein Jahr vor der geplanten
Arbeitsaufnahme in Spanien, um die Titelanerkennungsformalien
kümmern.
Bei manchen Medizinalberufen gibt es noch besondere praktische
Schwierigkeiten mit der Titelanerkennung
Für Heilpraktiker beispielsweise ist die Titelanerkennung
in Spanien noch ein steiniger Weg. Der Grund liegt hier darin,
dass es dieses in Deutschland bekannte Tätigkeitsfeld
des Heilpraktikers als offizielles Berufsbild in Spanien nicht
gibt. Eine direkte Anerkennung in Spanien ist deshalb
ausgeschlossen.
Auch bei Physiotherapeuten kommt es noch zu erheblichen Verzögerungen
bis zur ersehnten Titelanerkennung.
In der Praxis werden dann, mit entsprechenden Zwischenphasen
der Untätigkeit, detaillierte Lehrplaninhalte nachgefordert.
Wem dies in überzogener Weise wiederfährt, dem sei
geraten, sich nachhaltig zur Wehr zu setzen. Am bestem mit
Schreibenkopie an die zuständigen Stellen bei der europäischen
Gemeinschaft, was oft Wunder wirken kann. Denn auch bei der
EG ist man nachhaltig verärgert, wenn Mitgliedstaaten
- sicher nicht nur Spanien -, versuchen mit Verwaltungsverzögerungen
das verbriefte Recht der Niederlassungsfreiheit auszuhöhlen.
Ganz besonders schwierig ist es, als deutscher Apotheker
in Spanien eine eigene Apotheke zu eröffnen, was auf
die diesbezüglichen nationalen Vorschriften in Spanien
zurückzuführen ist. Rechtsgrundlage für die
Titelanerkennung ist hier das königliche Dekret 1667/89.
Aber auch für Ärzte und Zahnärzte verbleiben
Risikopotentiale
So mussten in der Vergangenheit Einzelpraxen von deutschen
Fachärzten in Spanien deshalb wieder aufgegeben werden,
weil die einheimischen Allgemeinarztkollegen gezielt von der
Patientenüberweisung an ihren ausländischen Kollegen
Abstand genommen haben oder aus Gründen des spanischen
Krankenversicherungssystems Abstand nehmen müssen. Ein
vielfach beklagtes Unwesen auf den Balearen sind die "Kopfprämien",
die von Privatkliniken u.a. an Krankenwagenbesatzungen und
Hoteliers für angelieferte Patienten gezahlt werden.
Es lohnt sich also allemal, genaue Vorortinformationen in
Spanien einzuziehen, bevor man dort eine Praxis eröffnet.
Und wo liegen dann die Erfolgsfaktoren ?
Wesentlicher Faktor ist hier sicherlich, dass man Gesundheitsprobleme
als Patient vorzugsweise in der eigenen Muttersprache bespricht.
Wichtig sind weiterhin die Sprachkenntnisse des Arztes. Dieser
sollte neben der deutschen jedenfalls auch die spanische Sprache
und möglichst auch die englische beherrschen. Schliesslich
benötigt wird ein tragfähiges Kooperationsnetz.
Die richtige Kooperationsstruktur ist der entscheidende
Erfolgsfaktor
Ein deutscher Arzt als Einzelkämpfer hat es in Spanien
oft schwer. Dies lässt auch ein Blick in die regionalen
deutschsprachigen Wochenzeitungen erkennen, in denen mehr
und mehr deutsche Ärztezentren Anzeigen schalten. In
besonderem Masse gilt dies für Fachärzte, die sich
zu sogenannten "Facharztzentren" oder "Internationalen
Facharztzentren" zusammenschliessen. Von Vorteil ist
sicherlich auch die örtliche Anbindung oder Einbindung
in Seniorenresidenzen oder eine Standortverknüpfung mit
Dienstleistern, welche in Spanien ebenfalls deutschsprachige
Personen als Zielgruppe haben. Genannt seien hier etwa Filialen
der Deutsche Bank oder mittlerweile in Spanien ansässige
deutsche Drogerieketten.
Praktiziert wird auch die Partnerschaft mit spanischen Arztkollegen.
Hierzu sei ergänzend erwähnt, dass von den Spaniern
die Zusammenarbeit in Form von Sozietäten noch eher argwöhnisch
beobachtet wird und man sich lieber auf die Form einer Bürogemeinschaft
zurückzieht.
Angesichts des am jeweiligen Ort begrenzten deutschen Patientenpotenials
gibt es auch viele Kooperationen dergestalt, dass Fachärzte
an verschiedenen Wochentagen in verschiedenen Praxen oder
Kliniken tätig sind. In mehreren Ärztepraxen in
Spanien tätig sind auch in Deutschland niedergelassene
und tätige Spezialisten. Dies kann der Kieferorthopäde
oder ein spezialisierter Chirurg sein, der nur wochen- oder
tageweise im spanischen Ärztezentrum tätig ist.
Diese Art der Tätigkeit ist allerdings nicht unumstritten.
So titelte im vergangenen Jahr eine deutsche regionale Wochenzeitung
in Spanien "Deutsche Kollegen wettern gegen Jet-Set-Kollegen".
Rechtlich ist diese Art der Tätigkeit, entgegen der Vermutung
einiger Kollegen, allerdings nicht angreifbar, wenn der deutsche
Arzt sich eine Titelanerkennung auch für Spanien besorgt
hat.
Praktisch kritisiert wird die vermutete Nichtangabe der Einnahmen
in Spanien bei den Steuerbehörden sowie die nicht gewährleistete
Vor- und Nachsorge der behandelten Patienten. Auf Seiten der
"Jet-Set-Ärzte" und deren Partner vor Ort in
Spanien wird dagegen darauf hingewiesen, dass die Einbeziehung
eines besonders spezialisierten Operateurs die Qualität
der ärztlichen Versorgung lediglich verbessere und dass
die ärztliche Vor- und Nachsorge von dem Ärztepartner
vor Ort in Spanien adäquat wahrgenommen werden könne.
Sind besondere ärztliche Fachbereiche besonders gefragt
?
Generell lässt sich dies so nicht sagen. Andererseits
kann eine zu starke Spezialisierung angesichts des regional
begrenzten deutschen Patientenpotentials die Tätigkeit
eines deutschen Arztes dort ausschliessen. Mancherorts besteht
in Spanien eine gewisse Tendenz zur Schönheitschirurgie.
Vergeblich verlief vor einiger Zeit noch unsere Suche nach einem Psychotherapeuten
auf der Baleareninsel Mallorca, den die deutsche Rechtsprechung
zur fachkundigen Beurteilung der Testierfähigkeit eines
Deutschen in Zweifelsfällen für erforderlich hält.
Denkbar ist, dass sich in der Zukunft, ebenso wie bei der
Schönheitschirurgie, bei gewissen chirurgischen Standardoperationen
ein erweiterter Markt in Spanien herauskristallisiert, soweit
solche Operationen gut mit einem Urlaub verbunden werden können,
oder der operative Eingriff vom beruflichen Umfeld in Deutschland
nicht wahrgenommen werden soll.
Privat- und Kassenpatienten
Allein mit Kassenpatienten kann ein deutscher Arzt sicherlich
in Spanien nicht wirtschaftlich arbeiten. Der von Deutschen
erwartete technische Ausstattungsstandard kann auf dieser
Basis nicht finanziert werden. So sind es regelmässig
Privatpatienten, die deutsche Arztpraxen in Spanien aufsuchen.
Wer in Spanien pflichtversichert ist, ist in seiner Arztwahl
nicht frei. Er muss zunächst zum nächstgelegenen
staatlichen Gesundheitszentrum und sich gegebenenfalls von
dort zu einem Facharzt überweisen lassen. Ausserdem sind
zahnärztliche Leistungen bei der spanischen Sozialversicherung
grundsätzlich nicht mit inbegriffen. So geht die generelle
Empfehlung für deutsche Urlauber und Residenten in Spanien
dahin, eine private Zusatzkrankenversicherung abzuschliessen,
die mit ca. 15 € bei 20 - 60 Tagen Urlaub sicherlich
sehr günstig ausfällt.
Wie hoch ist das Arzthonorar in Spanien ?
Detaillierte Vorgaben hierzu, wie in Deutschland, gibt
es in Spanien nicht, sondern lediglich Mindesthonorarempfehlungen
der Ärztekammer. So sind zum einen bei deutschen Ärzten
Praxis überhöhte Honorarrechnungen festzustellen,
andererseits wird von teilweise ruinösen Preiskämpfen
berichtet. Der adäquate und von deutschen Ärzten
in Spanien häufig praktizierte Mittelweg dürfte
in einer Orientierung an der, - für Spanien nicht verbindlichen
-, deutschen Ärztehonorarordnung liegen.
Strategische Überlegungen und Ärztemarketing
Die Praxis in Spanien geht dahin, dass ärztliche
Anzeigen in deutschsprachigen Zeitungen die übliche Werbeform
darstellen.
Erweiterte Möglichkeiten ergeben sich in Spanien auch
dadurch, dass dort der Betrieb von Zweitpraxen möglich
ist und damit die parallele Tätigkeit an mehreren Praxisorten.
Somit eröffnet sich für den deutschen Arzt in Spanien
ein erweiterter Handlungsrahmen, den man im gesetzlich zulässigen
Masse auch nutzen sollte.
Ärzte- und Patiententourismus
Neben dem, teilweise umstrittenen Stichwort "Jet-Set-Ärztetourismus",
ist in Spanien in den letzten Jahren immer häufiger der
Begriff "Patiententourismus" in das Diskussionszentrum
geraten. Ausser den bereits erwähnten Bereichen der "Schönheitschirurgie",
der Verbindung von Urlaub und chirurgischem Eingriff sowie
der in Deutschland geheimgehaltenen Operation, ist in diesem
Zusammenhang vor allem der sogenannte Dentaltourismus zu nennen,
der sich aber offenbar bisher nicht, wie mitunter erwartet,
auf breiter Front durchgesetzt hat. Hier werden Zahnsanierungen
von deutschen Zahnärzten in Spanien kostengünstiger
angeboten, indem sie insbesondere die günstigeren Zahntechnikerkosten
in Spanien an den Patienten weitergeben.
Zur steuerlichen Seite der ärztlichen Auslandstätigkeit
Natürlich ist die Tätigkeit deutscher Ärzte
im Ausland kein steuerfreier Raum. Gleichwohl soll bei parallel
in Deutschland und Spanien unterhaltenen Arztpraxen auch keine
Doppelbesteuerung des gleichen Einkommens stattfinden.
Vom Grundsatz her kennt das internationale Steuerrecht eine
klare Regelung. Wer in Spanien steueransässig ist, wird
mit seinem Welteinkommen in Spanien besteuert, wer in Deutschland
steueransässig ist, unterfällt mit seinem Welteinkommen
der deutschen Einkommensteuer.
Soweit eine Betriebsstätte, sprich: Arztpraxis, als
feste Einrichtung im jeweils anderen Staat unterhalten wird,
sind die über diese Betriebstätte erzielten Einkünfte
im Lageort der Betriebsstätte zu versteuern, soweit sie
nicht gleichsam vernachlässigenswert gering sind. Streitfragen
in der Praxis ranken sich hier um die Fragestellung, wann
bei Mitnutzung einer spanischen Ärztepraxis durch einen
in Deutschland ansässigen und hauptsächlich dort
tätigen Kollegen eine Betriebsstätte auch für
diesen in Spanien gegeben ist, oder wann dessen Einkünfte
in Spanien als relativ vernachlässigbar gering anzusehen
sind. Es geht also um die Frage, wann ein zeitweise in Spanien
tätiger deutscher Arzt in Spanien einkommensteuerpflichtig
wird. Um einem Missverständniss vorzubeugen: Die geringfügigeren
Einnahmen in Spanien sind auf jeden Fall zu versteuern, die
Frage ist nur, ob dies in Deutschland oder in Spanien zu erfolgen
hat.
Welcher deutsche Arzt ist für eine Tätigkeit
in Spanien prädestiniert ?
In der formellen Titelanerkennung liegt, wie angesprochen,
kein zentrales Problem. Um die ärztliche Tätigkeit
in Spanien im gewünschten und notwendigen wirtschaftlichen
Rahmen durchzuführen, gilt es gut zu planen und die adäquaten
Kooperationsformen herauszufinden. Um in Spanien auf Dauer
zufrieden zu leben, ist meist das günstigere Klima allein
nicht ausreichend. Die gute Kenntnis der spanischen Sprache
ist hier langfristig eine zwingende Voraussetzung, ebenso
wie eine besondere Aufgeschlossenheit gegenüber der einheimischen
spanischen Bevölkerung und der Wunsch, sich in Spanien
zu integrieren.
Weiterhin sollte man sich darauf einstellen, dass man in
Spanien nicht zeitlich weniger arbeiten wird, wenngleich sich
der Tagesablauf häufig durchaus in entspannterer Atmosphäre
organisieren lässt.
Wer in Spanien als Arzt tätig werden möchte,
benötigt eine Immobilie
Diese kann natürlich zunächst sowohl für
die berufliche Tätigkeit, wie auch für den privaten
Bereich gemietet werden. In diesem Zusammenhang sei allerdings
vorsorglich darauf hingewiesen, dass in Spanien Immobilien
rechtswirksam auch per Privatvertrag erworben werden können
und dem Immobilienerwerb unter rechtlichen Gesichtspunkten
in Spanien grundsätzlich eine grössere Aufmerksamkeit
gewidmet werden sollte. Durchaus üblich geworden ist
es, spanische Immobilien auch über deutsche Banken mit
Sicherheiten in Deutschland zu finanzieren.
Weiterhin zu beachten gilt es, dass die langfristige Vermögensplanung
in Spanien spätestens mit dem Immobilienerwerb beginnt,
genau genommen bereits mit der Wohnsitznahme in Spanien. Bereits
zu diesem Zeitpunkt sind unter steuerlicher Sicht Überlegungen
zur Vermögensnachfolge zu tätigen.
Die Übersiedlungsphase richtig planen
Idealerweise sollte hier nach einer ersten Informations-
und Vorentscheidungsphase eine ca. 2-jährige systematische
Planungsphase vorausgehen, wobei man sich durchaus auch frühzeitig
mit in Spanien tätigen Kollegen direkt in Kontakt setzen
sollte. Zur Vororientierung sicherlich geeignet, ist das von
dem deutschen Notar Burckhardt Löber herausgegebene Buch
"Ausländer in Spanien", ISBN 3-921326-29-X
sowie spezifisch für Mallorca der praktische Wegweiser
"Reif für Mallorca" ISBN 3-89662-168-8 sowie
dessen in 2006 erschienene Neuauflage mit abgewandeltem Titel. Weitere
Informationen sind über das Internet zugänglich.
Beispielsweise auch über unsere Homepage unter den Stichworten
"Praktische Spanieninformationen".
Günter Menth
Rechtsanwalt / Abogado inscrito
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